The lost Story, Kapitel 7
Ich war etabliert, gehörte dazu und war nun ein Profi und kein Anfänger mehr.
Sie sagten, ich hätte sicher das Leben anderer gerettet. Doch ich hatte
jemanden das Leben genommen.
Sie gaben mir Zeit, es gab Gespräche. Es dauerte, bis sie mich wieder fragten,
ob ich wieder im Aussendienst mit machen könnte. Es gehörte dazu, also ging ich
wieder. Tatsächlich tat es gut.
Mein Bereichsleiter bedauerte es, daß ich keinen Orden oder sowas bekommen
würde. Es wäre mir auch schwer gefallen, es anzunehmen.
Es war mein Job, ich wurde in der Handhabung von Waffen geschult, sie gaben
mir eine genau deswegen. Damit wir in solchen Fällen die Sicherheitskräfte
unterstützen und schlimmeres verhindern können. Dafür wurde ich bezahlt.
Er sagte, nein. Mein Job war das Auffinden von Ungewöhnlichem und Verdächtigen.
Ich hätte mehr getan. Ich hätte nicht gezögert, Menschenleben zu retten.
Ich verstand es damals schon nicht. Ich war vor Ort, ich hatte eine Waffe,
genau deswegen. Es wurde von mir erwartet, jeder andere hätte es auch getan.
Als ob ich in der Situation eine Wahl gehabt hätte.
Ja, niemand anderes wurde verletzt. Aber ich habe ja auch aus dem Hinterhalt
geschossen. Ich glaube nicht, daß er mich gesehen hatte und wenn, hat er mich
ignoriert.
Leute die sowas nur aus dem Kino kennen, glauben solche Leute seien cool und
die großen Helden. Sie haben ja keine Ahnung. Sie kennen die Realität nicht.
Die Glorifizierung durch Hollywood und Co. ist manchmal nur schwer zu ertragen.
Bis zur Auflösung meines Arbeitsvertrages verging noch etwas Zeit. Ich machte
meine Arbeit. Alle waren zufrieden. Die Leute wussten nun, wer ich war. Kannten
meinen Namen.
Die Angst, wieder in so eine Situation zu kommen, sie begleitete mich. Zum
Glück passierte es nicht nochmal. Ich weiß nicht, ob ich es nochmal hätte tun
können.
Es gab ein weltweit schockierendes Ereignis in den USA. Es veränderte viel.
Auch bei uns. Wir sollten oder mussten gehen. So wurde es von ganz oben herab
festgelegt. Man setzte uns nicht von einem Tag auf den anderen auf die Straße.
Wir hatten noch etwas Zeit bis zum Ende. Eine Abfindung gab es auch. Niemand
war glücklich darüber.
Wenn man aus "so einer Welt" wieder in die "normale Welt" zurück kommt, ist es
nicht einfach. Nicht weil die normale schwieriger ist. Sie ist anders.
Es waren zwei Jahre dort aber es kommt einem wie ein halbes Leben vor. Es hat
einen verändert.
Ich wollte zurück in die Wissenschaft. Hatte auch gleich wieder ein paar
Kontakte. Aber so richtig hatte niemand was für mich.
Firmen haben mir Angebote gemacht. Offenbar war mein Lebenslauf und meine
Kenntnisse beeindruckend. Die Firma, wo ich früher gearbeitet hatte, war dabei.
Sie suchten Leute und machten mir ein sehr gutes Angebot. Damals hielt ich es
für eine dumme Idee dort zu kündigen. vielleicht war es ein Zeichen. Ich ging
wieder zurück.
Die Arbeit fiel mir leicht. Das zurück in ein normales Leben dagegen nicht.
Es dauerte länger bis es sich gut anfühlte und ich anfing es zu bereuen damals
etwas anderes gemacht zu haben.
Die Zeit in Berlin, es kam mir falsch vor. Als ob es ein Fehler war. Ich
verschwieg die Zeit, wenn immer es ging. Wirklich darüber erzählen konnte ich
sowieso nicht. Und ich hatte Angst davor, daß die Leute wissen, was ich getan
hatte. Die Zeit in Berlin war eine intensive und sehr wichtige Zeit. Nicht nur
für mich. Aber damals sah ich es anders.
Die Langeweile des normalen Lebens, die meisten wissen sie nicht zu schätzen.
Ich lebte wieder ein Leben wie früher. Hatte Kontakte zu Leuten in Australien.
Wenn ich komme, würden sie mir alles zeigen. Ich kam nach Australien, eine
gute Entscheidung, wunderschöne Zeit dort. Die Leute dort, so offen und ehrlich.
Es war so erfrischend, so schön. Und erst das Land, die Städte.
Es fiel mir wirklich schwer, mich zu verabschieden. Aber die Kontakte blieben.
Wieder zurück führte ich mein Leben. Austausch mit Leuten, meist per eMail.
Die Wissenschaft war nunmal mein Interesse. Mit vielen Leuten, die selbst
dort beruflich aktiv sind, diskutiert und ausgetauscht. Es erfüllte mein
Leben.
Die meisten sahen und kannten diese Seite von mir nicht. Was ich getan hatte,
all das, ich behielt es für mich.
Aber ich war wieder alleine. Die normalen Menschen und ich, wir passten wohl
nicht zusammen. Jetzt noch weniger als in der Vergangenheit.
Es war nicht schlimm. Ich führte mein Leben und die anderen das ihre.
Später war ich an einem Samstag in einer größeren Nachbarstadt. Nichts
spezielles, einfach nur so. Ein Mann und eine Frau, offensichtlich nicht
aus Deutschland, liefen wie verloren umher. Niemand schien sie zu bemerken.
Aber ich schaute sie an, offensichtlich hatten sie irgend etwas. Sie sahen mich
und kamen zu mir. Ich verstand ihre Sprache nicht. Ich sprach sie auf Englisch
an. Ein bischen konnte er. Wie man so schön sagt, mit Hand und Fuß und ein paar
Worten haben wir uns dann verständigt. Sie hatten sich im Grunde verlaufen.
Sie wohnten bei Verwandten von ihnen, die in Deutschland leben. Aber sie wussten
nicht wie sie dorthin zurück kommen. Es ihnen zu erklären war zu kompliziert,
ich habe sie einfach dorthin gefahren.
Dort angekommen freute man sich. Man hatte die beiden schon vermisst. Es war
eine so herzliche Scene, als sie die beiden wieder zurück hatten und sich
gefreut haben. Ich hatte bestimmt ein Lächeln im Gesicht.
Sie wollten mich bezahlen und sich dankbar zeigen. Ich habe es abgelehnt. Es
war selbstverständlich, daß ich ihnen geholfen habe. Aber sie wollten sich
dankbar zeigen, andere hätten ihnen nicht geholfen und sie einfach stehen
lassen. Sie freuten sich, daß es noch Menschen wie mich gab.
Ich gab ihnen meine Visitenkarte, falls ich noch etwas für sie tun könnte,
sollten sie sich ruhig melden.
Wir hatten dann öfter Kontakt. Sie luden mich zum Essen ein. Für mich extra
nicht so scharf. Habe ihnen auch ein paar Orte gezeigt. Auch mal am
Wochenende etwas weiter weg. Trotz der Sprachprobleme hatten wir oft Spaß.
Ich war tatsächlich gerne mit ihnen zusammen.
Sie mussten dann zurück. Zurück nach Südkorea. Sie haben mich eingeladen,
Südkorea sei ein schönes Land und nette Leute. Ich wäre dann auch ihr Gast.
Wir hielten dann auch Kontakt. Auch zu ihnen hier in Deutschland. Später
nahm ich die Einladung an. Sie freuten sich darüber.
Meine Zeit in Südkorea begann. Sie waren nicht begeistert davon aber ich
wollte doch lieber woanders wohnen, es erschien mir richtiger meine eigene
"Wohnung" zu haben. In ihren Augen unhöflich aber sie hatten Verständnis.
Ich hatte mal bei ihnen Übernachtet, daß hat sie dann auch zufrieden gestellt.
Sie kümmerten sich um mich und halfen mir, mich dort zurecht zu finden.
Sie hätten wohl nichts dagegen gehabt, wenn ich dort geblieben wäre. Sie
stellten mir auch eine junge Frau vor. Sie war nett und alles aber es passte
nicht mir ihr.
Es war wirklich wie Familie. In Australien war es wie ein langes Wochenende
nur Party mit Freunden. Hier war es wie Familie.
Das Land und die Leute waren wirklich interessant. Jeder wird da wohl anderer
Meinung sein. Mir hat es gefallen. Der respektvolle Umgang miteinander. All
das, anders als in Deutschland oder gar USA.
Der Besuch dort hat Spuren in mir hinterlassen.
Ich glaube man kann mitlerweile sagen, ich war kein Deutscher mehr. Natürlich
war ich es noch, aber ich habe mir andere Kulturen und andere Lebensweisen zu
eigen gemacht. Musik und Filme auch aus zB Japan oder SüdKorea. Wenn die
Leute fragten, was für Musik ich denn da höre, dann war das wohl ein Zeichen
dafür. Es wurde ein kleiner Teil von mir. Seit langem bin ich ja offen für
alles in der Welt. Es gab keine Grenzen. Es ist mir egal von wo Menschen
kommen. Es sind Menschen. Verschiedene Kulturen, für viele vielleicht für
Urlaub oder aus Neugier mal interessant. Für mich eine Möglichkeit etwas
Neues für mich zu entdecken und davon zu lernen. Offen dafür zu sein und es
auch annehmen.
Man kann es auch so deuten, daß ich auf der Suche nach mir selbst war. Was ich
sein wollte.
Die Liebe hatte ich immer noch nicht gefunden. Oder was das überhaupt ist.
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