The lost Story, Kapitel 6
Ich hatte jetzt öfter Einsätze bei der Sicherung von Veranstalltungen.
Ein oder zweimal im Monat war ich im Aussendienst. Oft als Unterstützung der
Organisation. Auch um zB Informationen aus verschiedenen Quellen auszuwerten
und dem Führungsstab zur Verfügung zu stellen. Das war unser Job.
Manchmal fehlten aber Leute oder es wurden eben mehr gebraucht. Ich gehörte
dazu also wurde ich eingesetzt wo ich gebraucht wurde. Diese Felxibilität
brachte mir wohl auch Anerkennung.
Auch wenn ich nur ein kleiner Büromitarbeiter war, dieses Gefühl ein Teil
des Kommandostabs zu sein, es gab einem was.
Wenn sie mich also losschickten, um vor Ort zu unterstützen, dann ging ich
natürlich. Und wenn ich eine Waffe bekam, wusste ich, es ist nicht damit
ich mal etwas Abwechslung habe. Es war ernst. Aber das war es immer.
So wie Frauen, wollte man öfter mich. Ich werde nicht als Bedrohung angesehen
und niemand würde jemanden wie mich als Mitglied der Security Force ansehen.
Und anders als die Frauen werde ich nicht angemacht.
Trotzdem war ich keine Sicherheitskraft, auch wenn wir alle für die Sicherheit
dort verantwortlich waren. Die Sicherheitskräfte hatten ja eine ganz andere
Ausbildung als wir, was aber gerade die Zusammenarbeit so wichtig machte.
Jeder wusste, wir sind ein Team, gehören zur selben Seite. Es war schon anders
als immer nur abseits in einem Raum zu sitzen. Man war näher dran, auch an den
anderen Kollegen, man gehörte dann einfach dazu. Deshalb habe ich wohl nie
wiedersprochen öfters direkt an den Ort des Geschehens geschickt zu werden. In
die Gefahrenzone.
Ich wurde ausserhalb Deutschlands eingesetzt. Es fühlte sich toll an. Sie
zogen mich von hier ab um woanders zu helfen. Als ob sie nur die Besten
haben wollten, egal von wo. Ich weiß nicht ob es so war. Aber es fühlte
sich für mich so an.
Eine wichtige Veranstaltung. Groß, viele Leute. Wir unterstützen wieder den
Kommandostab. Die Räume, die zur Verfügung gestellt wurden, waren vollgestopft.
Tische, Computer, Monitore, Videobildscchirme und die ganzen Menschen. Da
konnte man nicht umfallen, so eng war alles.
Es gab die Info, daß es eine Bedrohung gibt. Nach ein paar Stunden, wir waren
schon früh Morgens dort, wurde ich und zwei andere losgeschickt. Die
Sicherheitskräfte vor Ort unterstützen. Wir bekamen Waffen.
Alles war angespannt. Eine Kollegin und ich hatten einen Bereich im Blick.
Lauschten den Infos und Anweisungen, die über Funk reinkamen. Eine Person
mit langem zugeknöftem Mantel und großer Tasche wurde nicht am Eingang
kontrolliert. Dies kam über Funk, wir sahen die Person. Meine Kollegin
gab mir Zeichen, daß sie losgeht und sich die Person aus der Nähe ansieht.
Ich nickte, sie ging los. Ich behielt sie im Auge.
Das Problem war nicht diese Person.
Als mir eine andere Person auffiel und dies meldete, eskalierte es sehr schnell.
Er nahm nicht mich ins Visier, sonder die Sicherheitskräfte in Uniform. Er nahm
mich wahrscheinlich nicht mal wahr. Doch ich schoß auf ihn. Er hatte vielleicht
zwei Schüße abgeben können, bevor ich ihn gezielt traf.
Für mich war der Einsatz vorbei. Man geht nicht einfach wieder auf seinen
Platz und macht weiter.
Ich musste erstmal wieder zu mir finden. Dann Bericht schreiben und darauf
warten, was jetzt mit mir geschiet.
In dem Moment, wo ich sah, daß er eine Waffe zieht und auf Menschen zielte,
da habe ich nicht darüber nachgedacht. Wenn das Adrenalin plötzlich kommt und
man sieht wie er auf die Menschen schiesst, man handelt nicht bewusst. Ich tat
es einfach. Ohne darüber nachzudenken.
Es ging so schnell, die Leute gerieten in Panik aber bevor sie anfingen herum
zu laufen, ging er zu Boden. Ich hätte nie gedacht, daß ich soetwas tun könnte.
Und ich hatte wohl immer gedacht, daß es nie notwendig sein würde.
Er starb, aber ich hatte nichts zu befürchten. Notwehr.
Die Person war bekannt, war sicher nicht da um sich die Sehenswürdigkeiten
anzusehen. Er hat auch sofort als erster geschoßen. Es gab keine Zweifel,
daß es Notwehr war. Das war mein Job, dafür war ich dort.
Sie klopften mir alle auf die Schulter. Nicht nur, daß ich ihn entdeckt hatte,
ich hatte ihn daran gehindert anderen Menschen etwas anzutun. Niemand wurde
verletzt oder ist gestorben, außer ihm. Aus ihrer Sicht war es perfekte Arbeit
von mir.
Doch ich wollte kündigen, dachte daran mein Leben zu beenden.
Das was ich da getan hatte, ich hatte Angst vor mir selbst. Das ich etwas
werde, was ich nie sein wollte. Ich dachte, mein Leben gerät aus den Fugen.
Ich hatte wohl gehofft, daß ich nie in so einer Situation sein würde. Es wäre
der Job der anderen gewesen. Vielleicht hätte ich es nicht tun sollen, die
anderen hätten sicher auch reagiert.
Doch vielleicht wären dann noch mehr Menschen gestorben, unschuldige Menschen,
wenn ich nichts getan hätte. Genau deshalb gaben sie uns die Waffen, um sofort
eingreifen zu können, bevor es zu etwas größerem wird. Trotzdem fühlte ich mich
damals schlecht.
Sie lehrten einem den Umgang mit den Waffen. Aber nicht wie man dann damit
umgeht, jemanden getötet zu haben.
Wenn man einen Autounfall hatte, bei dem zB eine Frau und ihre Tochter starben,
und alle sagen, es war ein Unfall, du hast nichts falsch gemacht. Schützt das
einen davor, nicht den Rest seines Lebens daran denken zu müßen?
Bei mir war es kein Unfall, es sind auch nicht unschuldige gestorben. Es war
Notwehr um andere vor jemanden zu schützen. Aber sowas lässt einen trotzdem
nicht kalt. Vielleicht nicht mal wegen ihm, sondern wegen mir selbst.
Die Leute glaubten wohl immer ich sei cool und stark. Sie wussten ja nicht wie
es in mir aussah.
Für die Leute war ich ein Held. Selbst die Frauen wollten plötzlich etwas von
mir. Mir war nicht zum feiern zumute. Aber ein schlechter Zeitpunkt um
aufzugeben und weg zu laufen.
Ich hatte nichtmal mein "erstes mal" aber ich habe einen Menschen getötet.
Wer würde schon mit einem Menschen wie mir etwas zu tun haben wollen.
Wo sollte ich hin?
Ich blieb, ich sah in der Welt da draußen sonst keinen Platz für mich.
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