The lost Story, Kapitel 4
In Bonn hatte ich keine leichte Zeit. Das Studium/Die Ausbildung war echt hart. Es wurde einem nichts geschenkt. Viel lernen auch zuhause. Aber die Leute da waren wirklich toll. Einige so wie ich, wir verstanden uns. Wir haben viel zusammen gelitten bei den Prüfungen. Zusammen gelernt, abends zusammen Essen gegangen oder auch ins Kino. Es war hart aber auch schön. So ein Zusammengehörigkeitsgefühl, so kannte ich es noch nicht. Am Anfang hatte ich es schwer, Leute kennen zu lernen. Aber man verbringt viel Zeit miteinander und man lernte sich kennen. Mein Selbstwertgefühl dürfte in der Zeit auch sehr gestiegen sein. Die Leistung, sie wurde nicht nur gefordert, sie wurde auch anerkannt. Es war wohl das erste mal in meinem Leben, daß ich mit Menschen zusammen war und keine Angst hatte deshalb Leid zu erfahren. Da war auch einer unser Trainer. Er suchte wohl den Kontakt mit mir wegen meiner Einschränkung. Er hatte selbst eine junge Tochter mit einer Behinderung. Etwas anderes als bei mir. Wir haben uns oft über verschiedene Sachen unterhalten. Natürlich auch über mich und über seine Tochter. Aber eben auch über andere Dinge. Er hat mir immer mal wieder Mut gemacht. Das ich mehr Selbstvertrauen haben sollte. Da war auch Jacqueline, wir verstanden uns eigentlich ganz gut. Selbe Interessengebiete und sie war wirklich klug. Es machte spaß sich mit ihr zu unterhalten und zu diskutieren. Aber es wurde nicht mehr. Sie hatte dieses Partygirl in sich. Immer mal wieder verwandelte sie sich in das dumme kleine Mädchen um auf Parties oder in Clubs zu gehen. Sie sagte selbst, daß sie die Rolle spielt weil Männer auf solche Frauen stehen. Ich fand die kluge, studierte und gut Aussehende Frau viel interessanter. Ich war wohl nur zu dumm, habe es ihr nicht gezeigt oder gesagt. Ich glaube aber nicht, daß ich in sie verliebt war. Wir haben aber schon manchen Blödsin gemacht. So schnell haben die uns wohl nicht vergessen. Ich war älter als die meisten von uns. Hat aber niemanden interessiert. Sie erwarteten wohl, daß ich der Vernünftige und Ernste von ihnen bin. Da waren sie dann doch etwas überrascht. Die Arbeit war wirklich interessant. Alles forderte einen. Es wurde nicht langweilig. Aber es hat Spaß gemacht. Manchmal bis in die Nacht im Institut. Sie wussten wohl, daß wir alles gaben und so hatten wir viele Freiheiten. Gerade zum Ende hin, sehr viel Selbständigkeit. Wir waren auch mal unterwegs, daß 100 Meter Teleskop war immer ein gerne genommenes Ziel. Wirklich imposant, jedesmal wieder, wenn man es sieht. Später ging es auch weiter weg, Europaweit. Wir sollten eben auch andere Standorte kennen lernen. Die Reisen selbst waren auch immer sehr interessant. Oft mit anderen zusammen wurde es meist nicht langweilig. Man hat auch vieles gesehen. Da gabs dann auch mal abendliche Diskussionen übers Putzen. Die physikalischen Aspekte, von oben nach unten. Aber auch die sozialen und philosophischen Zusammenhänge. War lustiger als es klingt, wenn zB die Kollegin immer wieder, ich fass es nicht, daß meine Eltern mir das nicht gesagt haben, einbrachte. So ein Leben hätte ich mir früher nie vorgestellt. Und was wichtig war, ich war nicht mehr nur der Behinderte, ich war ein Mensch. Ich war nicht mehr alleine und ich war nicht einsam. Ich hätte Stolz auf mich sein können. Doch ich war es nicht. Es fühlte sich unvollendet an, als ob man noch nicht weiß was es wirklich ist. Es fühlte sich falsch an. Das Studium war hart. Es war nicht so, daß man sich Zeit lassen konnte und einfach noch ein oder zwei Semester dran hängen konnte. So ein Studium war es nicht. Es gab Vorgaben und die musste man liefern. Ich habe es geschaft. Nicht mit der Bestnote, aber ich habe es geschaft. Doch wie sollte es weiter gehen. So schön die Zeit auch war, irgendwann geht es zu Ende. Ich hatte keine Familie mit Geld im Rücken, keine Erbschaft. Ich habe immer nur von meinem selbst verdienten Geld gelebt. Ich musste an meine Zukunft denken. Man wird ja nicht jünger. Ich machte mir Gedanken, wie es weiter gehen sollte, was ich machen wollte. Mir fehlten irgendwie die Ziele im Leben. Ich hatte "etwas" aber wusste nicht, was ich damit anfangen soll. Ich kontaktierte Firmen, Institute und alles was ich mir irgendwie als mögliche Zukunft vorstellen konnte. An Familienplanung dachte ich nicht. Gerade Frauen zeigten mir immer wieder, mit mir nicht. Es hatte keine Priorität für mich. Ich wollte es auch nicht erzwingen. Die ständigen Abweisungen taten mir mit der Zeit auch nicht gut. Also suchte ich einen anderen Lebensinhalt. Familie und all das, es war wohl nichts für mich. Ich wusste nicht, was aus mir werden sollte oder ich sein wollte. Doch Berlin rief. Im warsten Sinne des Wortes. Sie kontaktierten mich. Sie wären auf mich aufmerksam geworden oder jemand hätte sie auf mich aufmerksam gemacht. Sie würden Leute wie mich suchen. Normalerweise hätte man sofort weglaufen sollen, wenn jemand mit sowas auf einen zukommt. Aber es war nicht irgendjemand. Da hört man dann doch, was sie zu sagen haben. Sie haben mir nie gesagt, warum sie auf mich aufmerksam wurden. Geheimnisse seien ihr Geschäft, deshalb bleiben sie auch ein Geheimniss. Wenn ich es heraus finde, würde ich entweder ins Gefängnis gehen oder ich werde befördert. Oder beides. Sie stellten mich als etwas besonderes da. Ja, ich fand das schön. Hatte vorher noch niemand zu mir gesagt. Sie haben den Haken ausgeworfen und ich habe angebissen. Zudem konnte ich das Geld gebrauchen. Auch wenn am Anfang nicht wirklich gesagt wurde, was einen erwarten wird. Es war klar, daß ist kein normaler Job. Ich wurde getestet, Eignungstests und noch viel mehr. Eine Woche lang jeden Tag Tests. Es wurde aussortiert. Am Morgen gab es Listen, wer wo in welchem Raum. Und wer raus ist und wieder nach Hause gehen kann. War nicht schön, für keinen von uns. Ich zweifelte, an mir und an dem, was da passierte. Aber ich war auch neugierig. Am Ende der Woche blieben nicht mehr viele übrig. Aber ich war einer von ihnen. Ich weiß nicht warum oder wie. Die Woche darauf gab es Gespräche. Den Sicherheitscheck hätte ich bestanden, meine Fähigkeiten könnten sie gebrauchen und mein Persönlichkeitsprofil sei interessant. Berlin wartete. Etwas besonderes wartete auf mich.
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